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Peter Patzak, einer der interessantesten und phantasievollsten Filmemacher unserer Tage, beweist sich in seinen Privatsplittern als ein neuer Autor mit starkem, ursprünglichem Erzähltalent. Ein humorvolles, poetisch-autobiographisches Buch für Cineasten und literarische Feinschmecker.

„Ich wollte einst tanzen, er hörte die Stille.“

Es war am 18. Februar 1916 in Kopenhagen. In der Zeit der Spiegel und der Sterne. Mein Herz war müde wie das einer alten Frau.

Meine Großmutter Theresa hatte bis ins hohe Alter schwarz gelockte Haare, ohne eine einzige graue Strähne, Sie war das einzige Mädchen von sieben Kindern. Ihre Brüder waren.

„Das Vögelchen ist geschaffen für das Glück, wie der Mensch zum Fliegen. Sie hat die Welt verzaubert, ohne Grenzen verlassen zu dürfen.“ Das Resultat der Nachforschungen des Ermittlers Jean Prot. Im Auftrag von Fedor Kolzow. Überreicht im Cafe Volpini, Paris, am 18. Jänner 1900. Es ist noch sehr früh am Tag. Der Ermittler trinkt Cognac. Auf seiner Stirne und Oberlippe stehen Schweißtropfen, obwohl es im Café kalt ist. Fedor blickt betroffen auf den Bericht. Noch jemand ist anwesend, Marthe, aber man kann sie weder sehen noch hören. Nichts Neues im Wissen.

Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ wurde von Karl Marx und Friedrich Engels im Auftrag des zweiten Kongresses des „Bundes der Kommunisten“ (November /Dezember 1847) ausgearbeitet und Ende Februar 1848 in London in deutscher Sprache als Programm des Bundes veröffentlicht. Es ist die Geburtsurkunde des wissenschaftlichen Kommunismus und das erste marxistische Parteiprogramm in der internationalen Arbeiterbewegung, es markiert den Beginn der internationalen kommunistischen Bewegung.

„Akte. Im Schweigen vermählt“, in der Bühnenfassung 2008 im Wiener Stadttheater Walfischgasse uraufgeführt, lässt jene Frauen zu Wort kommen, die als Musen Picasso, Schiele & Co. zu berühmten Werken inspiriert haben. Unbekannten Mädchen, deren Körpern wir in Museen, auf Kunstauktionen und Plakatwänden begegnen, die sich für und vor dem Maler entblößt haben, gibt Peter Patzak einen Namen, eine Biografie und eine poetische, aber heutige Stimme. Hinter dem Output der Kunstgeschichte treten Beziehungsfallen, Abhängigkeiten, auch Missbrauch zutage.

„Vaterunser auf Englisch“ ist eine Erzählung von Stephanie Mold die auf Basis eines Gesprächs mit Maria Grill (geboren 1916) beruht. Eines Morgens im August 1992, einen Tag vor meinem sechsundsiebzigsten Geburtstag, läutete das Telefon. Ich hielt mich gerade im Garten meines Hauses auf. Ich hatte die ganze Nacht schlecht geschlafen, es war schwül gewesen und die Gelsen hatten mich gequält, weshalb ich bereits kurz vor der Morgendämmerung aufgestanden war. Ich war eigenartig nervös gewesen und hatte beschlossen, noch vor der Tageshitze meinen Garten zu pflegen. Als ich es nun klingeln hörte, lief ich sofort ins Haus und hob ab.

„Abschließende Buchhaltung“ ist eine Erzählung von Nadja Bucher die auf Basis eines Gesprächs mit Anita Bergerl (geboren 1918) beruht. In meinem Leben gab es fünf Eckpfeiler: meine Arbeit, meinen Mann, unsere Wohnung, mein Kinderwunsch und meine Handarbeit.

„Ungeheuer ist dein Feuer“ ist eine Erzählung von Stephanie Mold die auf Basis eines Gesprächs mit Johann Wieser (geboren 1910) beruht. 1940 erspähte ich als Unteroffizier im damals von Hitler besetzten Paris beim Flanieren mit zwei Freunden aus meinem Regiment drei junge hübsche Frauen.

„Frauenkäfer“ ist eine Erzählung von Nadja Bucher die auf Basis eines Gesprächs mit Felix Erzen (geboren 1922) beruht. Heute Vormittag öffnete ich meine Terrassentür. Wir haben April und der Winter ist vorbei. Ich wollte Sonne und Frühlingswärme in mein Zimmer im Pflegeheim lassen. Meinen Sessel stellte ich in den herein fallenden Sonnenkegel. Ich machte es mir bequem und blickte hinaus.

„Ein Glück, dass ich bei den Männern so beliebt bin“ ist eine Erzählung von Angelika Slavik die auf Basis eines Gesprächs mit Hannelore Lejeune (geboren 1920) beruht. Die, die in dem Bett ganz rechts hinten beim Kasten liegt, die ist ein Zwitter. Natürlich habe ich sie nie angesprochen, wie würde das denn aussehen, wenn ich mit so einer reden würde. Aber ich habe es gesehen, wissen Sie, neulich beim Waschen. Die hat überhaupt keinen richtigen Busen, das ist ja keine Frau.

„Mit Dank für besondere Verdienste“ ist eine Erzählung von Nikolai Soukup die auf Basis eines Gesprächs mit Edeltraud Ruby (geboren 1903) beruht. Wenn der alte Werkelmann bei uns im Haus spielte, tanzten meine Geschwister und ich am Gang. Der freundliche dicke Mann kam fast jeden Tag zu uns, stellte seine Drehorgel am Gang ab und ließ seine Hand schwungvoll über die Kurbel gleiten.

„Heimkehr in die Fremde“ ist eine Erzählung von Nikolai Soukup die auf Basis eines Gesprächs mit Anneliese Hübner (geboren 1926) beruht. Wir hatten das Jahr 1945, Juni, und wenige Monate zuvor hatte ich noch recht konkrete Vorstellungen von meiner Zukunft gehabt. Ich war damals neunzehn Jahre alt und hatte in meiner wohl situierten, bürgerlichen Familie – mein Vater war Bankkaufmann – ein Weltbild entwickelt, in dem Sorgen nicht vorkamen.

„Eins mit dem Chaos“ ist eine Erzählung von Stephanie Mold die auf Basis eines Gesprächs mit Birgit Planer (geboren 1928) beruht. Als meine rechte Hand Mitte der Neunziger Jahre zum ersten Mal zitterte, saß ich gerade mit meinem Mann im Auto. Er lenkte, ich saß am Beifahrersitz. Ich sagte ihm nichts von dem Zittern und hoffte inständig, dass es bald wieder aufhören würde. Schließlich steckte ich die rechte Hand mit Hilfe der linken unauffällig in die rechte Hosentasche.

„Mein Draht zu Onkel Leo“ ist eine Erzählung von Stephanie Mold die auf Basis eines Gesprächs mit Karl Meschuh (geboren 1930) beruht. Onkel Leo: Manchmal frage ich mich, wie mein Leben ohne Onkel Leo verlaufen wäre. Er war der Bruder meines Vaters, lebte in Villach und arbeitete bei der Kärntner Gebietskrankenkasse. Er war sehr ehrgeizig, wollte ganz nach oben und kannte dabei wenig Skrupel.

„Bare Münze“ ist eine Erzählung von Jörg Zemmler die auf Basis eines Gesprächs mit Elfriede Kühmayer (geboren 1929) beruht. Von 1968 bis 1974 führte ich das Café Nordbahn in Wien an der Ecke Nordbahnstraße und Darwingasse. Ich betrieb es gemeinsam mit meinem Mann, aber der kam nur selten vorbei, und wenn, dann zum Kartenspielen. Als von Natur aus geselliger Mensch, aber mit der Zeit schlich sich eine gewisse Routine auch in diese Arbeit ein, besonders weil die Kundschaft vor allem aus fixen Stammkunden besteht.

„Der nackte Major“ ist eine Erzählung von Nikolai Soukup die auf Basis eines Gesprächs mit Elisabeth Trebusch (geboren 1910) beruht. In meinen Augen lag etwas, das Männer verrückt machte. Das wurde mir sogar quasi wissenschaftlich bestätigt: Eine alte Ärztin empfahl mir einmal, Männern lieber nie in die Augen zu blicken. Ich antwortete im Scherz, dass ich ihnen ohnedies lieber auf den Hintern schauen würde. Wir lachten darüber. Ich war immer ein fröhlicher Mensch.

„Flucht im Schneckentempo“ ist eine Erzählung von Jörg Zemmler die auf Basis eines Gesprächs mit Margarethe Bobal (geboren 1919) beruht. Drei Tage sind keine Ewigkeit, aber sie können manchmal ein Schicksal entscheiden. Nach jenen drei Tagen, die zum Glück nur zwei waren, musste ich eine ganze Woche im Bett verbringen.

„Stunde des Abschieds“ ist eine Erzählung von Jörg Zemmler die auf Basis eines Gesprächs mit Anna Giesl (geboren 1912) beruht. Ich wurde am 10. Juni 1912 in Kaisermühlen geboren und ehe dieser Tag kam, der so tiefe Spuren in meinem Leben hinterlassen würde, verliefen meine ersten 36 Jahre in relativ geordneten Bahnen.

„Verpasst“ ist eine Erzählung von Jörg Zemmler die auf Basis eines Gesprächs mit Hermine Jäger (geboren 1922) beruht. Wenn man 1922 in Wien geboren wurde, konnte man leicht seine Jugend versäumen. Als man 18 war, begann der Krieg, später kamen die Luftangriffe, und man verbrachte die meiste Zeit aus Angst vor den Bomben im Keller. Gab es keinen Bombenalarm, blieb die Stadt wegen drohender Überraschungsangriffe trotzdem verdunkelt. Ausgehen war unmöglich, die Jugend war dahin.